Kalte Füße, heisse Fische - die Frosttour 2023

“Internationale Tour mit Köstlichkeiten” – die anschließende Bewertung der diesjährigen Frosttour im Nachgang überschlug sich regelrecht. Wenn auch – mit Köstlichkeiten? International? Geht es nicht ein bisschen kleiner?

Nein geht es nicht. Aber der Reihe nach:

Quelle: Relive.cc via openstreetmap

Die gesamte Woche hat der baldige Frühling sein blaues Band um uns gewoben, und es versprach, die beste erste Ausfahrt des Jahres zu werden, die ihren Namen nicht verdient. Pah, Frosttour! Durchgängig kletterte das Thermometer in den letzten Tagen ab zehn Uhr verlässlich über zehn Grad, was soll da frostig sein an einer Tour, in der man den Sonnenschein erwartet, der uns schon die ganze Woche auf den Pelz brennt. Wohin er uns auch führen würde, unser Roadie Werner –  go West! – die Sonne wäre schon da, und wenn wir uns nur an ihrem Schein orientieren, kann uns eigentlich nichts passieren. 

Und dann – der große Tag. Tja, und was soll man sagen – das Leben hat halt doch die Aufgabe, uns zu enttäuschen und auf den Boden der Tatsachen zurückzuhalten, wenn wir es mit unseren Träumen gar zu sehr übertreiben: Pünktlich zur Frosttour Regen und fünf Grad Minus. März, wie er märziger nicht sein kann.  

Aber: bei den Blueknights steht man zwar manchmal im Regen, jedenfalls bei Rotlicht an der LZA (Haha), aber niemals allein. Und so waren es am Ende immerhin 15 wackere Ritterinnen und Ritter, die sich auf Befehl unseres Roadies auf dem Motorradtreff an der Grafenmühle in Bottrop eingefunden haben. An der Grafenmühle klappern bei klirrender Kälte allenfalls die Zähne, weshalb es uns ein Vergnügen war, auch  unseren Secretary zu begrüßen, der uns leider nicht begleiten konnte – aber je länger wir ihn in Gespräche verwickeln, desto länger dürfen wir uns an heißen Kaffee- und Teetassen klammern. Womit wir, zwar zitternd, aber kulinarisch, schon mal in Südamerika und Ceylon angekommen wären. 

Gemach, gemach - so jung kommen wir nicht mehr zusammen. Bei fünf Grad im Regen.

Als guter Secretary weiss der aber natürlich, dass man Rittersleute zwar nicht zum kämpfen tragen kann (dafür sind ihre Rüstungen zu schwer). Wenn man aus dem Turmzimmer aber mit dem ´Taschentuch wedelt, dann begeben sie sich auf ihre Streitrösser geben und denselben die Sporen. Also wedelte er, unser Jockel – und wir brachen auf, mit dem Versprechen, unbeschadet und wohlbehalten zurückzukehren.

Zumal – zwischenzeitlich hatte die Sonne die Temperaturen auf sechs Grad aufgeheizt. Ein Lichtblick, sozusagen, in unter einem ansonsten grauen Horizont, in den wir Richtung Xanten aufbrachen. Bottrop verabschiedete uns mit leichtem Nieselregen, der aber kurz hinter dem Ortsausgang auch wieder aufhörte und uns erst später im Laufe der Tour noch einmal queren. Vorbei ging es an schlafender Landschaft, die im Begriff war, aufzuwachen und schwer lag der Tau auf den langsam sich öffnenden Blüten und Blättern. 

Nach unzähligen, schönen Kurven, ebenso schönen Landschaften und gleichbleibenden Außentemperaturen, die jeder von uns spürte, gelangte die Abenteuergruppe unbeschadet an ihr erstes Ziel. Eine kleine Gastronomie, direkt am Rhein gelegen, welche mit heißen Getränken und Toilettenräumen aufwartete, wurde von den Abenteurern dankend in Anspruch genommen. Denn sie zieht ein, die Kälte, in jede Faser unseres Körpers, und so mancher Fuß droht, am Schalthebel festzufrieren. 

Lokal an der Fähre Bisslich

Wie Sie sehen, sehen Sie den Rhein. an der Fähre Bisslich. Misslich, dass das Wetter ist, wie es war – an dieser Furt labt sich für gewöhnlich Unmengen anderes berittenes Volk, allein: wir waren die Einzigen. Nebenbei gab es noch eine kostenfreie Unterrichtsstunde unseres Roadcaptains über die Personenfähre, die hier über den Rhein führt und die auf der anderen Seite befindlichen geografischen Begebenheiten. Und zum Dessert: Kaffee und Kuchen.  Nicht sonderlich exotisch. Aber lecker!

Fährmann, wie tief ist das Wasser.

Gestärkt für die große Fahrt – und sogar ein bisschen  aufgewärmt – ging es mit vollem Tank und mit leeren Blasen auf  in das Land der holden Maid  – Freifrau zu Antje ruft, mit ihrem wohlgeformten Käse. Aber das Herz der holden Maid will erobert sein, uns so führte uns die ca. einstündige Heeresfahrt über viele Kurven und bildschönen Landstraßen vorbei  an Kuhweiden, Schafgattern und Hühnerställen bis in das das kleine Städtchen Siebengewalt, um in der Fischbratküche in direkter Nachbarschaft zu den beiden Brüdern von Venlo zum kurzweiligen verweilen einlud. 

Tja, da isser wieder da - und wir auch!

Die flämische Küche liebt alles, was in Fett gebadet ist, und so wurden kräftig Kibbeling, Pommes Frites, Eis und andere Fischleckereien verspeist. Frittiertes Eis? Warum nicht? Die hohe Kunst des Blanchierens bedeutet auch nichts anderes, als Tiefkühlgemüse kurz in kochendes Wasser zu halten. Und was fürs Gemüse gut ist, kann für Eis ja auch nicht schlecht sein.  

Und selbstverständlich nutzte man die Gelegenheit, um im Supermarkt noch das eine oder andere Schnäppchen zu ergattern, bevor es weiterging. Denn wenn man schon mal in Holland ist, muss man nehmen, was man bekommt. Manchmal Kopfschmerzen.

Aber was erwartet  man, wenn man nach Holland fährt? Freihandel, genau. Freihandel mit Frikandel. Doch auf dem Parkplatz im Vorgarten der beiden Brüder: nur Fisch. 

So können wir Frau Antje nicht zurücklassen, immer nur Käse macht den Magen nicht voll. Während Werner verspricht, die erstbeste Frittenbude HINTER der Grenze anzufahren, um da Frikandel mit Pommes zu stechen, fühle ich mich gekränkt: es wird mir als aufrechter Ritter ja wohl gelingen, in den Niederlanden eine freilaufende Fleischrolle zu erlegen! Alles andere ginge gegen meine Ehre. Schließlich fährt man für Bitterballen auch nicht nach Bayern. Und tatsächlich, derweil die anderen von der Tafelrunde bereits beim Dessert angelangt sind, offenbart sich mir im Hinterhof der beiden Brüder doch noch eine Frituur mit ihrem verlockenden Angebot. Und ich verfiel ihr sofort. 

Aber: wenn die Rittersleute auf Aventuir gehen, machen sie für den Genuss von frittiertem Pressfleisch mit Tomatenketchup natürlich keine Gefangenen – rücksichtsvoll wie sie sind, boten sie mir zwar an, mit der Weiterfahrt zuzuwarten, bis das Schlemmermahl verzehrt ist, aber im Angesicht der mit den Hufen scharrenden Pferde in ihrem Hintergrund will ich sie nicht länger aufhalten: “Fast-Food” heisst schließlich “schnelles Essen”, und noch während ich fleißig Pommes in die Ladeluke schaufele, entfährt mir bereits ein stilles, aber deutlich vernehmbares “Meinetwegen können wir weiterfahren!”. Es zahlt sich aus, neben fünf Geschwistern aufzuwachsen: gut gekaut ist zwar halb verdaut. Aber langsam gefuttert heisst untergebuttert. 

Die Böcke wurden also wieder bestiegen und es ging zurück in das Territorium der Deutschen Lande. Dazu durchquerten wir  den niederländischen Nationalpark “De Massduinen”, immer entlang der deutsch-niederländischen Grenze. Wie sinnlos Zäune sind, weiss man erst, wenn man durch diese herrliche Landschaft wedelt, in der prächtig gewundene Straßen zum Motorradfahren und genießen einladen. Wäre schade, wenn mann immer wieder für einen Schlagbaum anhalten müsste. Für mich auch das eine relativ neue Erfahrung – gute Kurven brauchen keine Vertikale; wer hätte gedacht, dass man so anregend durch flaches Land kurven kann?

Das von Werner geplante Zwischenziel an der deutschen Frittenbude wurde aufgrund der kürzlich ausgiebig genutzten Nahrungsaufnahme vom Programmplan gestrichen, zumal so eine Frikandel auch von innen wärmt – man aber mit ihr und einem von ihr prall gefüllten Leib und der Motorradjacke genug zu kämpfen hat.

Die Tour führt uns an Straelen, Wachtendonk, Aldekerk, Kempen, Krefeld vorbei, wieder zurück über den Rhein, hinein ins wohlbekannte Duisburg, wo es uns wieder an den Rhein und neben dem Industriegebiet des HKM in eine Herberge des örtlichen Wassersports verschlug. Wer jetzt kein Haus hat, der baut sich keines mehr, heisst es im Gedicht, und wer jetzt noch kein Bauchzwicken hatte, der sorgte dafür mit Pommes, Currywurst und allem erdenklichen Getränk, um für den anstrengenden Rückweg  gewappnet zu sein.

Schild und Schwert sollte uns die Pommes sein, als wir unsere Heerfahrt schlussendlich am Haus Scheppen für beendet erklärten und jeder sich auf den Heimweg in die eigene Burg machte. Und so bleibt am Ende eines ereignis- und ernährungsreichen Tags nichts zu wünschen übrig. Ein wunderbarer Ausritt – wunderbar, in der reinsten Bedeutung des Wortes. Mit dem größten aller Mirakel, das unseren Roadcaptain umgibt – nicht ein einziges Mal verfahren oder  in Sackgassen abgebogen Das gilt es in Zukunft zu beobachten!

Vielen Dank für die schöne Tour, Euer zahlreiches Erscheinen bei 6-11 Grad – und ganz besonders Pascal, der diesen Bericht vorbereitet und wesentlich inspiriert hat!